
Die Vorstellungen von HIV sind noch immer weitgehend durch die kulturellen und medialen Bilder der Jahre 1980 bis 1990 geprägt. «Die Situation der Menschen, die mit dem Virus leben, und die verfügbaren Behandlungen haben sich aber deutlich weiterentwickelt», betont David Jackson-Perry, Beauftragter innerhalb der Abteilung für Infektionskrankheiten des CHUV und Initiator dieses innovativen Projekts. Ziel der Aktionen des Positive Life Festival ist es, die individuellen und kollektiven Realitäten der heutigen Zeit zu beschreiben und in die Geschichte des Kampfes gegen Diskriminierung und Ignoranz einzuordnen.
Professor Matthias Cavassini, Chefarzt der ambulanten Beratung für Infektionskrankheiten des CHUV, bemerkt: «Heutzutage sind Menschen mit HIV, die Zugang zu Therapien haben, völlig frei in ihrer Lebensgestaltung. Ihnen sind weder im Intimleben noch in beruflichen oder sonstigen Zusammenhängen Grenzen gesetzt. Nicht HIV ist das Problem, sondern die veralteten Darstellungen, die in unserem kollektiven Bewusstsein fest verankert sind. Das Positive Life Festival ist ein sehr wichtiges Projekt, denn es führt Kunst und Wissenschaft zusammen, um die breite Öffentlichkeit zu sensibilisieren und zu informieren. Es ist unbedingt notwendig, neue Bilder über das Leben mit HIV in der Schweiz heute zu produzieren und zu verbreiten.»
Wissenschaftsvermittlung
Ab dem 1. Dezember 2022 tritt ein interdisziplinäres Team aus Vertreter*innen des Positive Life Festival und des Labors «L’éprouvette» der Universität Lausanne (UNIL) in Aktion, um der breiten Öffentlichkeit sowie Schüler*innen Wissenschaft zu vermitteln.
Während des ganzen Jahres werden im Rahmen des Programms Workshops für kreatives Schreiben und Denkwerkstätten mit dem Schriftsteller Mathias Howald und Wissenschaftler*innen der UNIL zum Thema «Geschichte der Kämpfe» für Schüler*innen der Sekundarstufe II sowie für Quartierzentren veranstaltet. Ausserdem bieten «Wissenschafts-Apéros» Gelegenheit zum Gespräch mit den Spezialist*innen des CHUV und der UNIL sowie Praktiker*innen über wichtige und wenig diskutierte HIV-Themen, wie zum Beispiel Frauen und HIV, HIV und Sexualität oder auch HIV und psychische Gesundheit. Schliesslich wird ab Schulbeginn im August 2023 ein pädagogischer Workshop zum Thema HIV im Kino für die Gymnasiast*innen des Kantons angeboten.
VU.CH, Kunst im Spital, beteiligt sich ab Juli 2023 mit Ausstellungen für zeitgenössische Kunst an drei Orten am Positive Life Festival. Thematisiert werden Trägermaterialien, auf denen Erinnerungen festgehalten und Forderungen erhoben werden können, ähnlich wie bei den AIDS Memorial Quilts.
Projektausschreibung
Am Ende all dieser Veranstaltungen wird am 1. und 2. Dezember 2023 in Lausanne die erste Ausgabe des Positive Life Festival stattfinden. Auf dem Programm stehen künstlerische Performances, Lesungen, Diskussionen und Begegnungen. Für diesen Anlass wird ein Kurzfilm- und Performance-Wettbewerb zum Thema «HIV heute» ins Leben gerufen. An dieser Projektausschreibung können sich alle Interessierten beteiligen, die einen Aspekt des Lebens mit HIV in dokumentarischer oder fiktionaler Form, als Animationsfilm usw. behandeln möchten. Die Bewerbungsfrist endet am 1. Februar 2023. Die Jury des Positive Life Festival wird die fünf besten Filme und eine Performance auswählen, die jeweils CHF 10‘000 erhalten werden. Die Film- und Performance-Projekte können vom 1. Dezember 2022 bis 1. Februar 2023 online auf www.positive-life-festival.ch eingereicht werden.
Für den Geschäftsleiter der Aids-Hilfe Schweiz, Andreas Lehner, «ist es etwas ganz Neues, dass eine Institution wie das CHUV eine Veranstaltung wie das Positive Life Festival initiiert. Durch die kulturellen und wissenschaftlichen Aktivitäten im Verlauf des Jahres und die Ausschreibung eines Film- und Performance-Wettbewerbs, der neue Darstellungen des Lebens mit HIV in der heutigen Zeit hervorbringen wird, entsteht ein zusätzliches kreatives Werkzeug, das wichtig sowohl für die HIV-Prävention als auch für die Destigmatisierung der Menschen mit HIV ist.»
Ambulante Beratung des CHUV
In der ambulanten Beratung für Infektionskrankheiten des CHUV ist ein multidisziplinäres Team tätig, das auf die Behandlung und Begleitung von Menschen mit HIV spezialisiert ist. Dank der Einnahme wirksamer antiretroviraler Medikamente können HIV-positive Personen das Virus nicht übertragen und ein Intim-, Gesellschafts- und Berufsleben führen wie alle anderen auch.
Dagegen machen Menschen mit HIV noch immer schwierige soziale Erfahrungen. Das Team der ambulanten Beratung für Infektionskrankheiten bietet eine individuelle medizinische, soziale und psychologische Betreuung sowie ein Gesundheitstraining in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt und anderen Spezialisten an. Die Beratung verfügt über eine Aussenstelle in der rue Etraz 12 in Lausanne. Sie ist ideal im Stadtzentrum gelegen und auf die gemeindenahe und psychosoziale Betreuung von Menschen mit HIV, Begleitung bei Behördengängen sowie HIV-Prävention spezialisiert.