Pressemitteilung
Lausanne, 12 octobre 2021

Entdeckung eines neuen hochwirksamen neutralisierenden Antikörpers gegen SARS-CoV-2-Varianten

Das CHUV und die EPFL haben einen hochwirksamen monoklonalen Antikörper gegen das SARS-COV-2-Spike-Protein entdeckt. Dadurch werden alle Varianten des Virus, einschliesslich der Delta-Variante, weitgehend neutralisiert. Die wissenschaftliche Arbeit, die in der angesehenen Fachzeitschrift «Cell Reports» veröffentlicht wurde, eröffnet vielversprechende neue therapeutische Anwendungsmöglichkeiten als Medikament zum Schutz von Risikopersonen, wie z.B. immungeschwächten Patientinnen und Patienten. Der neue Antikörper könnte auch in einer Kombinationstherapie eingesetzt werden, um den Schweregrad der Erkrankung bei Menschen, die mit SARS-CoV-2 infiziert sind, zu verringern.

©iStockphoto Broadly neutralizing monoclonal antibodies, binding antibodies that target multiple conserved sites on the spike (S) protein

Der unlängst entdeckte Antikörper wurde aus Lymphozyten eines COVID-19-Patienten im Rahmen der ImmunoCoV-Studie isoliert, die von der Abteilung für Immunologie und Allergologie des CHUV durchgeführt wurde. Es handelt sich um einen der wirksamsten Antikörper, die bisher gegen SARS-CoV-2 identifiziert wurden. Seine Strukturanalyse zeigt, dass er an einer Stelle bindet, die nicht anfällig für Mutationen des viralen Spike-Proteins ist. Durch diese enge Wechselwirkung blockiert der Antikörper wirksam die Bindung des Spike-Proteins an Zellen, die ACE2-Rezeptoren exprimieren, auf die das Virus abzielt, um in Lungenzellen einzudringen und sie zu infizieren. Auf diese Weise stoppt der Antikörper den viralen Replikationszyklus und führt zur Eliminierung des Virus durch das Immunsystem. Die Schutzwirkung wurde in vivo nachgewiesen, als mit dem Antikörper behandelte Hamster infektionsfrei blieben, nachdem man sie einer hochinfektiösen Dosis des Virus ausgesetzt hatte.

Neben der antiviralen Aktivität haben die Forschenden den Antikörper so konzipiert, dass er beim Menschen eine lange Wirkungsdauer hat. Ein unveränderter klassischer Antikörper hat eine Schutzwirkung von 3 bis 4 Wochen. Bei der neuen Therapiemöglichkeit jedoch wirkt der entwickelte Antikörper vier bis sechs Monate lang. Dies macht ihn zu einer sehr attraktiven präventiven Option, um gefährdete ungeimpfte Personen oder geimpfte Personen, bei denen keine Immunreaktion hervorgerufen werden konnte, zu schützen. Immungeschwächte Personen, Organtransplantationspatienten und gewisse Krebspatientinnen und -patienten können mit einer Injektion des Antikörpers zwei- bis dreimal pro Jahr geschützt werden.

Auf der Grundlage dieser vielversprechenden Ergebnisse arbeiten das CHUV und die EPFL im Rahmen von Vereinbarungen über die Zusammenarbeit und das geistige Eigentum mit einem Jungunternehmen zusammen, das für die Produktion und die klinische Entwicklung der neu entdeckten Antikörper verantwortlich sein wird. Die klinischen Versuche sollen Ende 2022 beginnen.

Die Forschungsarbeiten wurden von Teams der Abteilung für Immunologie und Allergologie des CHUV unter der Leitung von Professor Giuseppe Pantaleo und Dr. Craig Fenwick sowie vom Labor für Virologie und Genetik der EPFL unter der Leitung von Professor Didier Trono und Dr. Priscilla Turelli durchgeführt. Dank der langjährigen Unterstützung des Schweizerischen Instituts für Impfstoff-Forschung konnte das Forschungsteam schnell auf die Pandemie reagieren und neutralisierende Antikörper entdecken. Das Labor von Professor Pantaleo hat zusätzliche Unterstützung durch das Projekt «Corona Accelerated R&D in Europe (CARE)» erhalten, das Teil der öffentlich-privaten Partnerschaft «Innovative Medicines Initiative (IMI)» zur Finanzierung von Forschung und Innovation im Gesundheitswesen in Europa ist.

Die Entwicklung dieses neuen neutralisierenden Antikörpers stellt einen grossen Fortschritt im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie dar und ebnet den Weg für eine verbesserte Behandlung schwerer Formen der Krankheit sowie für neue prophylaktische Massnahmen, insbesondere für Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Die Entdeckung soll jedoch nicht die Impfung ersetzen, die nach wie vor die wirksamste Methode zum Schutz vor einer Infektion ist.

Kontakte für Medienanfragen
CHUV medias(at)chuv.ch, +41 79 556 60 00
EPFL presse(at)epfl.ch, +41 21 693 21 90

Über die EPFL

Die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) (www.epfl.ch) ist die kosmopolitischste technische Hochschule mit Studierenden, Forschenden und Mitarbeitenden aus mehr als 120 Nationen. Inmitten eines dynamischen, der Schweiz und der ganzen Welt offenstehenden Umfelds konzentriert sich die EPFL auf ihre drei grundlegenden Missionen: Lehre, Forschung und Technologietransfer. Die Hochschule stützt sich auf ein umfangreiches Netzwerk akademischer und industrieller Partnerinnen und Partner und beteiligt sich an mehreren internationalen Allianzen, von denen einige in Entwicklungsländern tätig sind. Mit 5 Schulen, 2 Hochschulen, 20 Instituten, 44 Forschungszentren und mehr als 370 Labors, über 6’000 Mitarbeitenden und fast 12’000 Studierenden wurden bis 2020 23 neue Start-ups gegründet, die insgesamt über 285,8 Mio. Euro an Finanzmitteln verfügen.

Das CHUV in Kürze

Das CHUV gehört neben Genf, Bern, Basel und Zürich zu den fünf führenden Universitätspitälern der Schweiz. Es erfüllt drei Grundaufträge, die ihm vom Staat anvertraut werden: Behandlung, Ausbildung und Forschung. 

Dank seiner 12'436 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden 2022 im CHUV 53'422 Patientinnen und Patienten stationär aufgenommen. 79’414 Notfälle wurden behandelt, täglich 3'900 ambulante Konsultationen durchgeführt und 3’185 Geburten begleitet. Sein jährliches Budget beläuft sich auf 1,9 Milliarden Franken.

Um die Aus-, Weiter- und Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten sicherzustellen, arbeitet das CHUV eng mit der biologischen und medizinischen Fakultät der Universität Lausanne zusammen. Es kooperiert ausserdem mit anderen Hochschuleinrichtungen aus der Genferseeregion (EPFL, ISREC, Institut Ludwig, Universität Genf), dem Universitätskrankenhaus Genf sowie anderen Spitälern, Pflegeeinrichtungen und Institutionen, wie beispielsweise der Fédération des hôpitaux vaudois (Vereinigung der Waadtländer Spitäler) und der Société vaudoise de médecine (Waadtländer Gesellschaft für Medizin).

Seit 2019 gehört das CHUV laut dem Nachrichtenmagazin Newsweek zu den besten Krankenhäusern weltweit.